Impressionen aus der Closed Beta von Sea of Thieves

Seitdem ich Rares Piratenabenteuer auf der Gamescom vor zwei Jahren spielen durfte, bin ich gespannt auf dieses Spiel. Denn Sea of Thieves trifft bei mir wirklich genau ins Schwarze: Es verspricht zumindest genau das Spiel zu sein, nach dem ich seit Jahren suche. Seit geraumer Zeit sehne ich mich nun wirklich nach einem Piratenspiel, das perfekt auf mich abgestimmt ist. Ein First oder Third Person Adventure mit Schusswaffen und Schwertern. Wo ich andere Schiffe entern kann, wo eventuell noch ein bisschen Ressourcen-Management vorhanden ist. Vorallem aber soll die Atmosphäre eines Segelabenteuers -im besten Fall mit Freunden- vermittelt werden. In dieser Hinsicht hat mich beispielsweise Black Flag, auch wenn das Seeschlacht-System schon nett ist, immer kalt gelassen, hauptsächlich aufgrund des langweiligen Kampfsystems vom damaligen Assassin’s Creed. Spiele wie Blackwake kommen da schon eher an meine Wunschvorstellung eines Piratenspiels heran. Ich bin in der First Person mitten in der Action einer Seeschlacht und bin selbst nicht unbedingt der große Kapitän sondern vielleicht einfach nur ein Teil der Crew, der daran arbeitet, das Schiff während eines Angriffes zu reparieren. Jedoch hat Blackwake einen matchbasierten Multiplayer. In meinem Kopf besegle ich viel lieber eine große, offene Welt, in der ich zufällig auf andere stoße, als sich in den Zwängen eines Matches unbedingt bekriegen zu müssen. Auf der Suche nach ‚meinem‘ Piratenspiel habe ich auch ein Blick auf ältere Titel geworfen, mit dem Gedanken, dass es vielleicht ja früher Entwicklungen gab, die ein ähnliches Konzept nutzten. Tatsächlich habe ich dann mal Age of Pirates 2: City of Abandoned Ships angespielt. Die Age of Pirates Reihe versucht den Ansatz von Titeln wie ‚Sid Meier’s Pirates!‘ weiterzuführen und eine Einzelspieler-RPG Erfahrung zu bieten. Es ist auch wirklich ganz nett, bloß eben sehr ‚unpolished‘ mit zahlreichen Bugs und einer komischen Steuerung. Könnte es denn nicht mal heutzutage ein Multiplayer Piratenspiel von einem großen Studio geben, so wie ich es mir vorstelle? Nun, das perfekte Spiel gibt es sicherlich nicht, jedoch kann man sich vorstellen, wie ich mich über das gezeigte Gameplay von Sea of Thieves im E3 Livestream 2016 freute. Meine Gebete wurden erhört. Endlich ein Spiel, das scheinbar, das Meiste von dem, was ich in einem Piratenspiel sehen möchte, bieten wird. Vor circa zwei Wochen habe ich mich dann mit einem Freund zusammen in die Closed Beta gestürzt.

Hier fällt dann sehr schnell auf, auf was Rare hier den Fokus gelegt hat und auf was nicht. So gibt es beispielsweise ‚bloß‘ zwei Schiffe zur Auswahl. Ein großes für mindestens drei Spieler oder ein kleines für einen einsamen Segler oder ein Duo aus zwei Piraten. Es gibt, zumindest soweit wir das aus der Beta erkennen konnten, keine Möglichkeit das Schiff zu verbessern, sodass es mehr aushalten könnte oder ähnliches. Man kann sich Waffen sowie neue Gegenstände wie Schaufeln zulegen, doch sind der Großteil der Items, die man mit der Ingame-Währung kaufen kann, kosmetischer Natur. Sie verändern nichts an irgendwelchen Stats des Charakters oder des Schiffs. Ehrlich gesagt: Das finde ich gar nicht mal so schlecht. Auch wenn hierdurch klar der typische Progressions-Ansporn eigentlich verloren geht (sofern einem Skins egal sind), liegt hierauf wie gesagt nicht der Fokus und das würde den kompetitiven Multiplayer sehr schnell aus der Balance bringen. Es wäre doch extrem frustrierend, wenn ich die ganze Zeit von der gleichen Truppe getötet werde und zwar nicht weil sie besonders gut im Kämpfen sind, sondern bloß wegen ihren besseren Waffen oder wegen ihres verbesserten Schiffes.

Der Wellengang wird fantastisch simuliert

Doch was macht man eigentlich genau die ganze Zeit? Der Gameplay Loop von Sea of Thieves sieht so aus: An Outposts beziehungsweise Häfen könnt ihr von einem Verkäufer sogenannte ‚Voyages‘ erhalten, die im Endeffekt die Missionen darstellen. Ihr könnt auf eurem Schiff dann für bestimmte Voyages abstimmen. Dann erhaltet ihr über mehrer Akte verteilt entweder typische Schatzkarten mit einem X oder ein Rätsel, das es zu lösen gilt, um zum Versteck des Schatzes zu gelangen. Wenn man sich dann an den Skeletten vorbei gekämpft und die Truhe geborgen hat, kann man nach verrichteter Piratenarbeit seine Beute bei den Outposts abgeben, um Geld zu erhalten. Im Grunde genommen ist das alles. Das sind alle Missionen. Klingt nach wenig Abwechslung? Jein. Im fertigen Spiel muss einfach mehr da sein, das ist klar. Missionen müssen abwechslungsreicher in ihrer Grundgestaltung werden und es muss allgemein mehr Dinge zum entdecken geben. Beispielsweise gibt es quasi Ressourcen, jedoch beschränken diese sich momentan auf Holzbretter und Bananen (um Lebenspunkte wieder herzustellen). Wenn wir mit unserem Schiff an im Wasser schwimmenden Kisten vorbeikamen, haben wir uns nicht die Mühe gemacht rauszuschwimmen, um reinzusehen, weil wir genau wussten, dass dort entweder Holzbretter oder Bananen drin sind und von beidem hat man eigentlich schon zuhauf. Jedoch finde ich, das Sea of Thieves ein tolles Beispiel vom ‚Der Weg ist das Ziel‘ Prinzip ist. Es geht nicht unbedingt darum, so schnell so viele Kisten wie möglich zu bekommen und diese abzuliefern, sondern was dazwischen passiert. Hier brilliert das Spiel auf ganzer Strecke, denn es vermittelt mir das vorhin angesprochene Abenteuer-Gefühl auf eine wunderschöne Art und Weise. Sea of Thieves schafft das beispielsweise durch die realistische Simulation vom Wellengang und der schönen Optik. Wenn ich in diesem Spiel die Sonne am Horizont untergehen sehe, geht mir wirklich das Herz auf.

Uwp64 Screenshot 2018.01.30 - 22.10.01.58

Spielmechanisch schafft es dieses Gefühl gerade dadurch, dass man immer online mit anderen im konstanten PvP zusammenspielt und die Angst im Hinterkopf hat, von dem Schiff, das man gerade am Horizont erspäht hat, angegriffen zu werden. Das schweißt die eigene Crew, mit der man die Steuerung des Schiffs koordinieren muss, noch mehr zusammen. Die Spieler sind in Sea of Thieves eine der wichtigsten Variablen, aus der viele witzige und spannende Geschichten entstehen werden.
Zum Beispiel das eine Mal, als wir gerade an einem Hafen ankamen, und dort jemand seine Schätze am abgeben war. Wir waren eher auf Kollisionskurs aus, weshalb ich vom Schiff gesprungen bin, um sofort die Schätze von ihm zu ergattern, während mein Freund unser Schiff direkt neben ihm eingeparkt hat.

Oder das andere Mal, als uns ein Kampf mit einem anderen Piraten, dem wir begegneten, in den sich über die Karte bewegenden Sturm führte, was ein unglaubliches Spektakel war, bei dem sich das kunterbunte Karibik-Abenteuer auf einmal in einen schwarz-weiß Kampf verwandelt. Wenn man in den Sturm gerät, wird es extrem schwer, das Schiff richtig zu steuern. Man läuft Gefahr, gegen Felsen zu krachen, was dem anderen Spieler wohl egal war, da er noch tiefer rein gefahren ist, während wir entkommen konnten.

Aber es gibt natürlich auch freundliche Begegnungen: Einmal während wir nach einer Truhe auf einer Insel sichten, bemerkten wir plötzlich, dass da noch ein anderes Schiff angelegt hatte. In der Angst, er könnte unsere Dinge stehlen, liefen wir schnell zum Strand, doch der andere Spieler war freundlich gesinnt und wir kommunizierten über die Ingame-Emotes, dass wir beide nur da waren, um Schätze zu sammeln, nicht um untereinander zu kämpfen.
Oder oder hier, als wir beide staunen mussten, als wir durch einen Tipp von Reddit-Nutzern, die bereits viele versteckte Dinge erforscht hatten, eine Grotte gefunden hatten, in die man hineintauchen konnte!

Und ein anderes Mal haben wir eine Schatztruhe geborgen, die den Träger immer betrunkener macht, bis wir dann gecheckt hatten, dass in der Schatztruhe drin eine Mini Taverne war, die man hören kann, wenn man springt.

Ihr merkt schon, das Spiel hat es mir angetan. Ich sehe ganz klar das, was in der Closed Beta noch gefehlt hat. Es fehlt generell an Content, an vielleicht kleinen zufälligen Ereignissen, die einem auf hoher See passieren, mehr unterschiedliche Ressourcen, die vielleicht auch relativ rar sind. Es müsste noch mehr Motivation dahinter stehen, diese vielen schönen Inseln zu erkunden, außer den (fast) immergleichen Schatztruhen. Dennoch, wenn ich an die kurze Zeit zurückdenke, die ich in der Beta mit Sea of Thieves verbracht habe, will ich sofort wieder zurück. Ich will mehr Piratenabenteuer zusammen mit Freunden erleben; mehr verrückte kleine Details entdecken, in einem Seekampf fast untergehen, vom Sturm überrascht werden und später in einer Taverne mich mit Grog betrinken, bis ich mein Gegenüber mit Kotze vollspeie. Okay, letzteres war vielleicht etwas extrem.
Kurzum: Ich will mehr Sea of Thieves.

Werbung

Autor: Amon

Versucht des Öfteren, etwas Fundiertes über Videospiele zu sagen und zu schreiben. Meistens - aber nicht ausschließlich - auf seinem eigenen Blog. @AsonDT auf Twitter

Schick ein Antwort-Fax!

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

Videospielhistoriker

Geschichte in Videospielen

CROSSMEDIACULTURE

Ein Blog über Spiele, Filme, Serien, Anime und mehr... covering nerd culture since 2013

ArchaeoGames

Archäologie und Videospiele

SPIELKRITIK.com

Games. Kultur. Kritik.

%d Bloggern gefällt das: